Krankenversicherung in Italien

Ciao a tutti!

Gestern trafen sich die Fachbereiche Glas/Keramik der drei großen Gewerkschaften CGIL, CISL und UIL zu einem Infovormittag über die Neuerungen für die Krankenversicherung der Beschäftigten in diesem Wirtschaftsbereich. Gastgeberin war die CISL in ihrem Hauptquartier für die Region Lombardei im Stadtteil Siesto San Giovanni im Norden von Mailand.

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Mit meinen Kolleg:innen Alessia und Bruno war ich auch mit dabei. Bruno, mit dem ich mir in der „Camera del Lavoro“ das Büro teile, ist ein echtes Gewerkschaftsurgestein, sein Klingelton am Handy: „Bella Ciao“, was sonst 🙂 … er war etwas in Eile da er nur bis 11:00 Zeit hatte und dann der nächste Termin anstand, als um 10:30 (Beginn laut Einladung 10:00) die Veranstaltung noch immer nicht begonnen hatte sagte er mir mit einem Schmunzeln dass er es eigentlich nach all den Jahren wissen müsste… Italien und Einstein sind sich in einem Punkt einig, Zeit ist relativ. Hihi

Der Vortrag begann dann mit einiger Verspätung, Probleme mit den zugeschalteten Kolleg:innen im Teams inklusive. Das Leistungsportfolio für die Beschäftigten im Glas/Keramik-Sektor wird mit 1.Jänner 2025 verbessert, die Freibeträge für Privatärzte, Physiotherapien und andere Leistungen werden erhöht. Zudem wird das Vertragsnetz mit Privatärzten in den Regionen Lombardei, Toskana und Emilia-Romagna ausgeweitet.

Zum Gesundheitssystem in Italien: Die Wirtschaftsbereiche haben für ihre Beschäftigten eigene Gesundheitsfonds und diese schließen Verträge mit privaten Krankenversicherungen. Die Fonds finanzieren sich durch Arbeitgeberbeiträge und sind ein Bestandteil der Löhne und Gehälter also Lohnnebenkosten. Die Leistungen für Beschäftige in der Industrie sind gut, im Dienstleistungsbereich oder im primären Sektor (Land-Forstwirtschaft) weniger gut. Besonders Süditalien leidet unter dieser Zwei-Klassenmedizin. Industrie gibt es dort kaum, ein Blick auf die Landkarte reicht um das zu verstehen, niemand durchquert ganz Italien über Stock und Stein um in Kalabrien, Apulien oder Sizilien ein Stahlwerk zu bauen und den Stahl dann zurück auf den Europäischen Markt zu bringen, da helfen auch die großen Häfen in Neapel und Salerno wenig auch weil Süditalien selbst über keine Rohstoffvorkommen verfügt. Alle Versuche der EU dahingehend scheiterten bis dato kläglich und so bleiben die größten Arbeitgeber im Süden der Tourismus, Landwirtschaft und leider die Mafia .

Es gibt in Italien eine staatliche Gesundheitsversorgung, Alessia kommentierte den Zustand mit „Disastro“. Mehr Privat weniger Staat war das berühmte Allheilmittel konservativer Regierungen um den Medienmogul Silvio Berlusconi in den 2000er Jahren. Komisch dass ein Milliardär für die Notwendigkeit einer starken staatlichen Gesundheitsversorgung kein Verständnis hatte, aber die Gewinne des privaten Gesundheitssektors werden schon dazu führen dass für die Patienten alles gut wird….niente… Mittlerweile wartet man auf manche, nicht lebensnotwendige Untersuchungen laut Alessia, 2-3 Jahre bei Vertragsärzten der staatlichen Versicherung, wer nicht so lange warten will muss zum Privatarzt. Im Fall der Glas/Keramik-Beschäftigten werden Beträge von 800€/Jahr übernommen, soviel dazu.

Wieder eine Lektion die wir hoffentlich in Österreich, in diesem Ausmaß, nicht am eigenen Leib erfahren müssen, am Weg dorthin befinden wir uns ja bereits, es bleibt zu Hoffen dass in Europa die neoliberale Marktwirtschaft irgendwann zu Grabe getragen wird. Zum Wohle der Vielen! … Bella Ciao!