Die sozialdemokratische Abgeordnete Maria Durhuus hat sich für uns Zeit genommen und Mario und mich durch das dänische Folketing geführt. Dieses ist in der Christiansborg angesiedelt, wo auch der Oberste Gerichtshof (Legislative) und die Premierministerin (Exekutive) residieren. Ein Bereich des Schlosses wird auch vom König genutzt. Blick auf die königlichen Ställe hat man von allen Seiten.
Das Folketing besteht aus 179 Abgeordneten, die Regierungszeit beträgt 4 Jahre. Bis 1953 gab es noch eine zweite Kammer, in der die Abgeordneten vom König entsandt wurden, vor allem Wohlhabende Männer über 40. Dieses wurde dann 1953 aufgelöst. Deshalb auch die beiden weiten Stiegenaufgänge zu den beiden Kammern.
Die 179 Abgeordneten kommen nur zu wichtigen Abstimmungen zusammen, ansonsten sitzen die Speaker der Parteien zu den jeweiligen Themen im Parlamentssaal. Wir haben bei einer Sitzung über die Thematik was gegen den steigenden Meeresspiegel gemacht werden soll zugehört, es waren ca. 15 Personen anwesend. Aktuell gibt es große Probleme hier in Dänemark mit starken Winden, die zu Überschwemmungen führen.
Das rechte Bild zeigt die sogenannte Mitte Dänemarks. Hier trafen sich die Politiker der beiden Kammern und konnten über Politik diskutieren. Die Uhr, die man dahinter sieht ist auch bedeutend. Von diesen gibt es mehrere im Parlament. Leuchtet das A läuft gerade eine Abstimmung, leuchtet das M eine Sitzung.
Das dänische Parlament hat auch je zwei nordatlantische Abgeordnete von den Färöer-Inseln und aus Grönland. Die auch natürlich eigene Sitzungssäle in Christiansbourg haben. Es sind alle Abgeordneten im Haus mit einem Bürozimmer untergebracht und viele der Fraktionen haben auch eigene Sitzungssäle.
Das gesamte Gebäude ist mit zahlreichen Gemälden dekoriert, die u.a. Bezug auf die ehemaligen Premierminister:innen und Politiker:innen nehmen. Das erste Bild unten zeigt den Raum für offizielle Besuche und Besprechungen mit historischen Bildern, im Hintergrund auch ein Bild zum Frauenwahlrecht ab 1915 – aktuell gibt es Pläne ein neues Bild mit nur Frauen hinzuzufügen, der Raum ist wie man sieht sehr männerlastig – der Historie geschuldet.
Das zweite Bild zeigt den ehemaligen Sitzungssaal der zweiten Kammer (Landsting), heute wird er für Empfänge genutzt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat z.B. hier seine Rede gehalten.
Der Sitzungssaal der Sozialdemokraten hat mir besonders gut gefallen, es hängen dort ziemlich tolle, moderne Kunstwerke (unteres Bild), die z.B. auf die Geschichte Dänemarks Bezug nehmen.
2015 gab es einen islamistisch motivierten Anschlag, der zwei Opfer (Finn Nørgaard und Dan Uzan) forderte. Diese sind durch Tafeln mit ihren Namen im Haus verewigt. Außerdem gibt es auch ein Denkmal zum Gedenken an den Kriegswiderstand und die Opfer des 2. Weltkrieges.
Auf unserem Rundgang haben wir dann ein bekanntes Gesicht gesehen, Carl-Emil, den wir schon vom Netzwerkwochenende kannten, arbeitet auch im Parlament und hat uns dann gleich auf die Dachterrasse mitgenommen, von der man einen wunderschönen Blick über Kopenhagen hat. Carl-Emil war ehemals der Chairman von Metal Ungdom (den jungen Gewerkschafter:innen bei Dansk Metal). Im dänischen Parlament sitzen im Gegenteil zu Österreich keine Gewerkschafter:innen mit offiziellen Funktionen und auch die Gewerkschaften sind nicht fraktioniert. Wir waren z.B. bei einem Vortrag vor Jugendlichen zur EU-Wahl. Dansk Metal hat dafür Videos mit Kandidat:innen von mehreren Parteien gemacht und nicht nur die sozialdemokratische Kandidatin beworben, obwohl es natürlich ein Nahverhältnis zu den Sozialdemokraten gibt, wird hier stark darauf geachtet überparteilich zu agieren.
Ein lustiges Detail zum Schluss. Der Künstler Rasmus Larsen, der die Bordüren im Stiegenhaus gestaltete, hat immer wieder kuriose Details und Sprüche eingearbeitet wie z.B. eine kleine Spinnen, eine Nacktschnecke oder auch einen pinkelnden Hund. Das Gurkenglas mit der Spinne hier im Bild ist Symbol für die langsame Arbeitsweise des Parlaments.
Zuallerletzt noch eine TV-Serienempfehlung wenn ihr mehr über die dänische Politik und Regierung erfahren wollt: Borgen – Gefährliche Seilschaften erzählt die Geschichte einer Politikerin, Intrigen und Manipulationen. Einige Szenen wurden auch in Christiansborg gedreht. Sehr zu empfehlen!