Ciao cari amici e amice! Hallo liebe Freund:innen!
Wie versprochen heute ein kurzer Bericht von zwei Betriebsbesuchen vergangenen Freitag. Bei beiden Standen heiße Themen mit den HR-Abteilungen zur Diskussion, soviel hat mir Alessia schon im vornhinein verraten.

Am Vormittag besuchten wir Bayer im Mailänder Stadtteil Lampugnano wo sich ein großer Verwaltungssitz des Konzerns befindet. Zuerst hatten wir eine Besprechung mit den RSU-Mitgliedern („Rappresentanze Sindacali Unitarie“ das ist die Betriebliche Gewerkschaftsvertretung) . Sie setzen sich aus 2/3 gewählten Mitgliedern (meist Beschäftigte des Betriebs aber nicht zwingend) und 1/3 direkt von der Gewerkschaft nominierten Mitglieder. Ein Teil der Produktion in Garbanate ist momentan außer Betrieb, ein wichtiges Messinstrument kann nicht geliefert werden. Ein sehr heikles Instrument mit radioaktiven Messprinzip, der Transport unterliegt zahlreichen Auflagen, befugte Speditionen haben eine lange Warteliste. Luca war auch dabei, er erzähle mir dass die Lagerbestände bei Ersatzteilen sehr niedrig gehalten werden und dann ist oft warten angesagt. jaja „dead capital“ das Steckenpferd vieler Betriebswirt:innen.
Es wurden auch einige Probleme bei der Auszahlung freiwilliger Abfertigungen für betroffene eines Stellenabbaus durch die RSU`s berichtet. Die HR versuchte einige Male den verhandelten Sozialplan bei Arbeitnehmer:innen-Kündigungen zurechtzubiegen um sich die Abfertigungen zu sparen. Alessia war nicht so begeistert, “ ha un diavolo per capello“ sagte sie, ein italienischer Ausdruck für “ Do schiassts ma de Sicherung“.
Der gemeinsame Termin mit der HR starte entsprechend Konfliktreich, der HR-Manager hatte viele Erklärungen für die Unstimmigkeiten bei den Abfertigungen. Nach intensiven Wortgefechten und gemeinsamer Revision des Schriftstücks zum Sozialplan wurde man sich einig dass die Interpretation der Gewerkschaft die richtige ist. 😉
Als nächstes Folgte eine Präsentation zum neuen Bayer-Tool für „Artificial Intelligence“ das zahlreiche Funktionen bietet. Verschiedenste Schreibfunktionen, Bilder und Videos, usw.,… schon faszinierend.
Aus gewerkschaftlicher Sicht spannend wurde es als wir zu den Slides zu Datenschutz und Aufzeichnung kamen. Hier wurde wieder zu Verhandeln begonnen schließlich ist eine Betriebsvereinbarung zur Einführung notwendig. Eingaben der Mitarbeiter:innen werden automatisch gespeichert, das ist ja quasi das Futter für das System und diese Eingaben sind rückverfolgbar….. Können Daten zu den Mitarbeitern zurückverfolgt werden wenn zb. Fragen zum Arbeitsrecht in das Tool eingegeben werden oder zur Überwachung genutzt werden??. Sehr sehr spannende, kritische Fragen die von den Kolleg:innen gestellt wurden. Es wurden viele Ergänzungen in der vorbereiteten Betriebsvereinbarung auf Forderung der RSU´s und externen Gewerkschaftsvertreter:innen vorgenommen und schließlich wurde von beiden Seiten unterschrieben.

Mittlerweile wurde es früher Nachmittag und Alessia und ich führen zum zweiten Termin bei ZAMBON auch ein chemisch-pharmazeutisches Unternehmen.
Die Eigentümerfamilie ist der Gewerkschaft gegenüber sehr negativ eingestellt. Elena Zambon die Erbin und Matriarchin des Konzerns verweigert persönliche Gespräche mit den RSU Mitgliedern und Gewerkschaftsvertreter:innen.
Der Gebäudekomplex ist wirklich imposant, auch der Besprechungssaal war eher ein Atelier mit vielen Deko-Gegenständen, Bildern usw.
Der Bericht der HR Abteilung begann mit weniger schönen Themen, Aufgrund der Strategieänderung werden ca. 100 Stellen abgebaut, vor allem Beschäftigte im Außendienst der italienischen Regionen.
Auf Sardinien soll es nun keinen Vertreter oder Vertreterin mehr geben, das sollen die Kolleg:innen aus der Region Lazio (um Rom) mitmachen. Das wurde natürlich zum Streitpunkt, die Dienstreisen werden eine extreme zusätzliche Belastung, befürchten die Vertreter der CGIL und CISL, außerdem werden im Lazio auch Stellen abgebaut und die Verbliebenen Beschäftigten erreichen Sardinien nur mit Fähre oder Flugzeug.
Die HR-Vertreter zeigten durchaus Verständnis, ich hatte das Gefühl das sie auch nicht von dieser Entscheidung der Leitungsebene begeistert sind, jedoch spürte ich auch keine Bereitschaft ihrerseits aus HR-Sicht zu intervenieren. Ist halt so entschieden worden,… Wie mich dieses wegducken aufregt…
Zweiter Punkt waren Verhandlungen über einen Erfolgsbonus für die Kolleg:innen. Die Geschäftszahlen der letzten drei Jahre zeigten stets Steigerungen beim Umsatz aber auch bei der EBIT-Quote. Die Gewerkschaft argumentierte dass ein Motivationsschub dringend nötig sei da die Belegschaft die Umstrukturierung mit Stellenabbau sehr kritisch sieht, der Kollektivvertrag 2022 abgeschlossen wurde und die Teuerung noch nicht abgegolten sei. (Die KV`s werden meistens auf 3 Jahre abgeschlossen)
Wie gewohnt zeichneten die Arbeitgebervertreter ein Untergangsszenario sondergleichen, die derzeitige Situation ist unsicher, man weiß nicht wie sich das Geschäft entwickelt, außerdem könne man es moralisch nicht vertreten gegenüber den vom Stellenabbau betroffenen Beschäftigten….
Man wurde sich jedenfalls nicht einig und es wurde ein Folgetermin vereinbart.
Wieder viel mitgenommen, mit den Themen wird man in der Betriebsrats oder Gewerkschaftsarbeit oft konfrontiert und es war interessant wie hier in Italien damit umgegangen wird.